Montag, 12. März 2018

Kingdom und das Entstehen von Königreichen


Während des Spielens des schönen Indie-Games „Kingdom“ von Raw Fury sind mir einige Parallelen zwischen dem Spiel und der Geschichte des frühen Mittelalters aufgefallen. Im folgenden Text versuche ich diese Parallelen mithilfe von einigen Beispielen aufzuzeigen.

Zum Beginn sieht man, dass das vorige Königreich zerfallen ist und Unordnung herrscht. Alle Menschen sind nur mit dem eigenem  Überleben beschäftigt und damit ist die Förderung der Zivilisation zum Stillstand gekommen. Die geschichtliche Parallele hierzu wäre der Verfall des Römischen Reiches und das daraus entstandene Machtvakuum. Doch in diesem Vakuum erscheint ein König mit Autorität und Geld. Im Spiel wird dies einfach ausgegeben, jedoch werden in Realität diese Bedingungen zum Herrschen in den Wirren des Römischen Zerfalls und der Völkerwanderung gewonnen sein. Das Geld könnte als geplünderter Schatz aus den römischen Provinzen oder Rom selbst stammen und die Autorität könnte Kampferfahrung gegen andere Stämme oder die Überreste der Römischen Armeen sein. Das gewonnene Geld darf jedoch nicht als Hortgold versteckt oder gehortet, sondern muss an Untergebene verteilt werden damit eine Gesellschaft entstehen kann.
Im Spiel beginnt man damit Bogenschützen als Jäger bzw. Krieger zur Verteidigung anzuheuern und Handwerker mit dem Bau einer Siedlung mit Verteidigungsanlagen zu beauftragen. Durch diese Investition des Herrschers erschafft er neue Berufe und eine rudimentäre Arbeitsteilung. Die Nahrungsbeschaffung ist durch die jagenden Krieger gesichert, also können sich die Handwerker auf ihren Beruf konzentrieren, statt mehrere Berufe auf einmal zu bewältigen (Bauer/Jäger zur Nahrungsbeschaffung, Krieger zur Selbstverteidigung, Handwerker zu Ausführung von Reparaturen etc.) wie vor der Arbeitsteilung. Der König kann nun Steuern auf seine Untertanen erheben und erhält so seine Investition zurück. Das Geld investiert er wieder in sein Königreich, welches dadurch weiter wächst. Durch gewährte Sicherheit, gesicherte Nahrung und Berufe werden weitere Bewohner in das Königreich gelockt.
Dieses Wachstum bedeutet eine größere Nachfrage an Nahrung. Diese kann von den Neuankömmlingen selbst bewältigt werden, da die Arbeitsteilung vergrößert wird indem sich Bauern ausschließlich auf die Landwirtschaft konzentrieren und die Krieger nur noch kämpfen. Jedoch wird  hierfür mehr Land benötigt. Der König gibt nun die Abholzung und Rodung von Wäldern in Auftrag und neues, bebaubares Land wird befriedet und erobert. Der König besteuert nun diese Bauern und die Wirtschaft des Königreiches wächst. Durch das Wirtschaftswachstum werden auch Kaufleute angezogen, die ihre Waren im Königreich verkaufen. Diese Trends gab es auch tatsächlich. Ab dem 10. Jahrhundert wurde im 10. Jahrhundert eine eigene Kriegerkaste eingeführt, um mehr Spezialisierung und Arbeitsteilung zu erhalten, auch wenn es den Bauern Rechte kostete, wie beispielsweise mit dem Pferd in die Schlacht zu ziehen. Außerdem wurden um diese Zeit viele Sümpfe trocken gelegt und Wälder gerodet um mehr Ackerland für die wachsende Bevölkerung zu erhalten. Es gibt bspw. aus dieser Zeit viele Siedlungen mit der Silbe „Rod“ im Namen.
Die Arbeitsteilung verfeinert sich im Spiel noch mehr mit dem Auftritt von Rittern, die nur noch auf dem Kampf spezialisiert ist. Wie in der Realität fressen Militärausgaben im Spiel die Steuern auf, und so muss sich der König direkt an die Bauern wenden, wie er das in der Vergangenheit auch oft tun musste. Aber die Organisation des Militärs verbessert sich auch im Laufe der Zeit, die Ritter tragen Wappen und die Krieger werden langsam zu Soldaten, ihre grau-braunen Mäntel werden zu Uniformen in der Farbe des königlichen Wappens.
Die Gewinne des Königs bleiben jedoch nicht nur in der eigenen Tasche, Überschüsse können am Architekturschrein in verbesserte Verteidigungsanlagen investiert werden, die der Sicherheit aller dienen, oder den Göttern als Opfer dargebracht werden, um sie wohlzustimmen. Außerdem gibt es im Spiel die wohl bildlichste Darstellung von „Trickle-Down-Economics“, denn wenn der Beutel des Königs zum Überlaufen voll ist, fallen die überschüssigen Münzen auf den Boden, wo die Untertanen sie aufsammeln.
So hat sich von nichts eine arbeitsteilige Gesellschaft geformt in der es eine Kriegerkaste gibt, die Sicherheit aller übernimmt, und es Berufe gibt, in denen sich ausschließlich mit der Herstellung oder dem Handel von Materialen und Ressourcen beschäftigt wird. Außerdem werden durch die boomende
Wirtschaft Technologie und Kultur gefördert, wo am Anfang Menschen noch ums nackte Überleben kämpften.
Die Monster im Spiel sind mit Räubern, Banditen, Marodeuren und Plünderern zu vergleichen. Im Zeitalter nach dem Zusammenbruch des römischen Reichs versuchten verschiedenste Stämme und Fraktionen, sich dessen zu bemächtigen, was nun nicht mehr beschützt wurde. Die Monster sind hinter den Goldmünzen und hinter der Krone her, wenn man sie fallen lässt hauen sie mit den Goldmünzen ab. Sie töten nur Krieger und lassen Zivilisten in Ruhe, wenn sie nicht mehr zum König gehören und scheinen nur Chaos zusähen. Sie erinnern mich an Wikinger, die über die wiederaufgebauten Königreiche der Angelsachsen herfielen. Sie plündern und verschwinden wieder so wie es die Monster im Spiel ebenfalls tun würden. Es erscheint so als könne man sich von ihnen freikaufen, so wie es Æthelred der Unberatene, König von England, versuchte, aber er stand lediglich der nächsten Invasion mit weniger Geldmitteln gegenüber. Doch die einzige funktionierende Taktik ist die von Alfred dem Großen, König von Wessex. Dieser ließ im ganzen Reich Burgen und befestigte Städte errichten, um die schnellen Plünderzüge, für die die Wikinger berüchtigt waren zu unterbinden und sie, als er stark genug war, im Feld zu schlagen, wie etwa im Spiel, wo man verteidigen ausharrt, bis man mit Feldzügen gegen die Portale zurück schlägt. Alfred der Große rettete so Wessex, das einzige nicht eroberte angelsächsische Königreich vor dem Untergang, und begann die Rückeroberung und Einigung der Königreiche zu der Nation England.
Jedoch ist in dem Spiel ein Scheitern inbegriffen. So war es auch in der Geschichte dieser Zeit, dass es ein Versuch war, das Alte wiederaufleben zu lassen, was aber niemanden wirklich gelang. Könige wie Alfred und Karl der Große waren sehr nahe dran, und waren Lichtblicke im sogenannten finsteren Mittelalter, jedoch verloschen diese im Laufe der Zeit und Scheiterten an ihren Nachfolgern und machten klar, dass das Zeitalter des Römischen Reiches doch tatsächlich vorbei war.
So schafft es „Kindom“ sehr anschaulich, die Entwicklung vom Chaos nach dem Verfall des römischen Reiches bis zum kulturellen Hochpunkt des Hohen Mittelalters darzustellen, verbunden mit vielen „Aha“-Momenten und zeigt auch fundamentale Funktionen von Geld und Macht auf – und durch seine schöne Präsentation und Spielspaß ist es auch ein schöner Zeitvertreib.



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